Berufe in der Buchbranche: Elm Haßfurth, Motion Designer für Buchtrailer

(c) privat

1) Wie bist Du Motiondesigner für Buchtrailer geworden?
Ok, da muss ich kurz ausholen: Gelernt habe ich Fotografie. Später habe ich Musik und Musikproduktion studiert und eine Weile in der Branche gearbeitet. Der Plan war immer Film und Fernsehen, deswegen habe ich dann ein Volontariat  bei »Welt der Wunder« gemacht und im Privatfernsehen sowie Öffentlich-Rechtlichen als Redakteur (Autor und Regie) gearbeitet. Am liebsten war ich am Set und im Schnitt, die Redaktion war für mich meist nur Mittel zum Zweck. Meiner Meinung nach könnte man einen guten Film mit einem Stück Seife als Protagonist drehen (Ähnlichkeiten mit lebenden Personen natürlich rein zufällig). Nix gegen eine gute Story, aber mir war das »wie« immer wichtiger als das »was«. Ich fing an, mich nebenher mit Motion Design zu befassen und mir das, was ich dazu brauche, selbst beizubringen. Als Redakteur sind einem kreativ aber leider immer die Hände gebunden: Man ist in erster Linie Journalist, CvDs (Chefs vom Dienst) und die Redaktionsleitung haben manchmal ganz andere Vorstellungen oder Ansprüche an einen Film. Das hat mir nie gereicht, war mir nie kreativ genug. Schritt für Schritt bin ich dann in die Buchbranche abgewandert, erst als Fotograf, dann auch als Illustrator.
Irgendwann kam die Frage auf, ob ich auch Buchtrailer mache. Ich habe natürlich gleich »Ja!« geschrien (auch wenn ich keine Ahnung hatte), doch dann stellte sich heraus: »Hey, das klappt ja…«.
Und so ging´s los.
2016 habe ich mich dann mit Motion Design, Illustration und Fotografie selbständig gemacht und es seitdem nur selten bereut.

2) Was ist der Unterschied zwischen Motion Design und Videoschnitt?
Da gibt es verschiedene Ansichten. Ich probier´s mal mit meiner: Beim Videoschnitt (Editing, Cutting) nimmt man vorhandene bewegte Bilder (Footage) und reiht sie schlüssig aneinander. Klingt zu einfach: Ein echter Cutter, ist blitzschnell, hat ein großes Verständnis von Plotzusammenhängen, weiß, welche Einstellungen er will, hat Grundkenntnisse im Musikschnitt und ist ein Meister der Farbbearbeitung. In meiner Zeit als Redakteur habe ich mit vielen zusammengearbeitet und ich bin immer noch ehrfürchtig, wenn ich daran denke.
Ein Motion Designer (oder Motion Graphics Designer) arbeitet anders. Im Normalfall arbeitet er/sie im Vergleich zum Cutter Motion Designer mit bewegten und unbewegten Bildern und nicht in Echtzeit. Das Ergebnis sieht man so teilweise erst nach stundenlangen Rechenzeiten. Eine kleine Änderung kann so schnell mal einen Tag in Anspruch nehmen.
Ich mache das Storyboard, Style Frames, bearbeite die Musik, die Bilder (bewegt oder unbewegt), mache die Effekte (2D und 3D) und animiere ab und zu etwas. Und am Ende des Tages schneide ich den Film, mache die Farbkorrekturen und optimiere ihn für Youtube oder Social Media. Wenn ich jetzt allerdings behaupten würde, ich sei ein Cutter, müsste ich mich vor lauter Blasphemie selbst ans Kreuz nageln.

3) Wie sieht ein typischer Arbeitstag aus (falls es einen solchen überhaupt gibt)?
Momentan: In die Arbeit fahren, Vögel und Eichhörnchen am Fenster füttern, Rechner an, Tee machen, Fridolin (Pflegebabyigel) aus seinem Futternapf heben (weil er wieder darin eingeschlafen ist), an der Weltherrschaft arbeiten, zwischendurch Essen, Kaffee, Fridolin, usw. Und idealerweise vor Mitternacht nach Hause fahren.
Aber im Ernst: Einen typischen Arbeitstag gibt es bei mir selten. Manchmal male ich entspannt an einer Illu rum und habe noch Zeit mich in den Park zu setzen. Bei einem Trailerprojekt kommt es vor, dass ich nachts auf der Couch im Büro schlafe, weil mein Rechner rendert. Beides cool, ich habe einen Kühlschrank am Schreibtisch.

4) Was gefällt Dir am besten an Deinem Beruf?
Die Vielseitigkeit und Unberechenbarkeit.
Vielseitig ist er dadurch, dass jedes Mal eine neue Story auf mich lauert. Immer von null anzufangen und am Ende einen fertigen Film zu haben, ist toll. Das wird nicht langweilig. Unberechenbar wird der Job dann, wenn ein Kunde mich sehr spät brieft oder Änderungen in letzter Sekunde wünscht, ohne die Renderzeiten zu bedenken. Klar könnte ich jetzt auch etwas von »wachsen an Herausforderungen« und »neuen Aufgaben« erzählen, aber die Wahrheit ist: Ich mag nicht die Probleme, sondern die Lösungen. Oder ich bin einfach ein Adrenalinjunkie.

5) Welche Eigenschaften sollte man Deiner Meinung als Motion Designer mitbringen?
Nerven, Fokus und Fleiß. Damit meine ich nicht, wie man nach außen wirkt, sondern was im inneren passiert. Wenn man täglich mit etwa 30 ineinander verwundenen Video-, Bild- oder Tonspuren jongliert und seine Rechner permanent fast zum Glühen bringt sollte man echt nicht den Faden verlieren, wenn die Software mal aufgibt. Das Wichtigste ist im Kopf und sollte es wenigstens zu meinem (sowas von absolut analogen) Notizzettel schaffen, bevor ich die Nerven verliere. Steht das Konzept und ist die Richtung klar, ist es wichtig, den Fokus zu behalten und an seinen eigenen Ansprüchen festzuhalten – egal, ob der Kunde die Nachtschichten zahlt oder nicht. Ich will auch am nächsten Tag noch in den Spiegel schauen können – wenn auch nicht unbedingt nach einer »Rendernacht«.

6) Gestaltest du dann auch Sachen aus dem Print-Bereich wie Cover etc.?
Ich bin kein Designer und das ist auch gut so – es gibt schon genug schlechte Cover auf dem Markt. Allerdings illustriere und fotografiere ich für Buchcover. Es kommt auch vor, dass ich zu einem Trailer oder Cover zusätzlich Plakate, Banner oder Animationen mache.

7) Gibt es in Deiner beruflichen Vergangenheit ein besonders schönes Erlebnis, dass Du mit meinen Lesern teilen willst?
Viele! Aber eins der letzten war »Des Teufels Gebetbuch« von Markus Heitz (Droemer Knaur). Am liebsten mache ich alles selbst und aus einem Guss. Deswegen war es für mich ein Traum die Coverillu (Pik Ass), den Trailer zum Buch und die Medien für die Marketingkampagne (Banner, Plakate, animierte Gifs, Hintergründe, usw.) machen zu können. Für die Trailer brauche ich Coverdaten und Bildrechte. Das war also der kürzeste Dienstweg, den ich je hatte, und ich konnte mich ein wenig austoben. Normalerweise hake ich ein Projekt auch schnell ab und schaue nach vorne, aber diesmal war ich schon ein wenig stolz.

Vielen Dank!

Mehr zum Elm Haßfurth auf seiner Website und bei Facebook.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert